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Die
Frühgeschichte des Lahnhofs
Der Heimatforscher Otto Krasa hat sich mit der
frühen Siedlungsgeschichte des Siegerlandes auseinandergesetzt. Er schreibt,
daß im 8. und 9. Jahrhundert, der Karolingerzeit, der Lahnhof eine gewisse
Bedeutung für das Siegerland erlangt habe.
Hier stand ein großer fränkischer Gutshof mit einer Verpflegungsstation an
einer wichtigen Fernverbindungsstraße, der späteren Eisenstraße. Zeugen
dieser Befestigungsanlagen sind möglicherweise noch die erkennbaren Wälle
und Gräben. Die Historiker vertreten die Ansicht, daß das Land in der
fränkischen Zeitepoche eine Grenzmark bildete, die keinem der überlieferten
Gaue angehörte.
Außer den Königshöfen oder CURTES von Haiger und Hünsborn an der Nordgrenze
des Siegerlandes ist auch der Lahnhof mit großer Wahrscheinlichkeit eine
CURTIS gewesen. Ähnlich wie in der Eifel, wo der "Hof", die CURIA, ein
Verwaltungshof für eine Anzahl von Kolonistendörfern war, wird der Lahnhof
als CURTIS, an einem wichtigen alten "Fernverbindungsweg " gelegen, der
Verwaltungshof des mittleren und nördlichen Siegerlandes gewesen sein.
Zugleich war er ein Musterhof und die Ernährungsbasis für die Anwesenheit
des Königs oder seiner Vertreter. Der Königsscheffel ist dann ein Teil oder
die ganze Abgabe der Kolonistendörfer an den Königshof. Im übrigen ist von
allen bekannten karolingischen CURTES fast nichts mehr vorhanden. Sie sind
wegen ihrer leichten und . vergänglichen Bauweise verfallen.
Otto Krasa stellte sich die Herrschaft des Frankenreiches wie folgt vor: Für
die Besiedelung des Siegerlandes wurden Kolonisten teils freiwillig, teils
gezwungen, eingesetzt, um an günstigen Stellen den Wald zu roden. Jedem
Siedler wurde eine Hufe abgeteilt, also soviel Land, das ausreichte, ihn und
seine Familie zu ernähren. Die Durchschnittsgröße einer Hufe betrug ca. 7
bis 10 ha, eine Königshufe hatte die doppelte Größe.
Für den Grundherren wurde ein Hauptgut, eine "VILLA" oder ein königlicher
Hof, eine CURTIS, geschaffen, das als Mustergut im Bedarfsfall auch den
König selbst mit seinem Gefolge oder einen hohen Geistlichen aufnehmen und
beherbergen konnte. An den Grundherren mußte eine bestimmte Abgabe
entrichtet werden, wovon der "Zehnte" die üblichste war.
Die Bedeutung des Lahnhofs dokumentiert eine Urkunde vom 28. März 1336. An
diesem Tag trafen sich hier Graf Otto von Nassau, Graf Siegfried von
Wittgenstein, der Domprobst Heinrich von Speyer und siegerländische Adelige,
um Landespolitik zu betreiben. Es ist anzunehmen, daß diese Herren mit einer
größeren Zahl von Bediensteten angereist sind. Die Wahl des Treffpunktes ist
sicher auf die verkehrsgünstige Lage des Lahnhofes zurückzuführen, läßt aber
auch auf eine anspruchsvolle Ausstattung und eine gewisse Größe schließen.
In den erhaltenen Urkunden der folgenden Jahrhunderte, die zum Teil in dem
vorangegangenen Abschnitt "Geschichtlilche Hintergründe und
Besitzverhältnisse" von mir erwähnt wurden, werden die Hinweise auf den
Lahnhof und dessen Bewohner immer häufiger.
Wie sich die Bezeichnung für den Lahnhof im laufe der Jahrhunderte
veränderte, ist dem Buch von Gerhard Scholl, Jm Quellgebiet von Sieg und
Lahn" .zu entnehmen:
1333 Lonebach, 1336 Lanebach , 1344 Lainpach, 1466 Laynbach, 1467 Loynbergh,
Loynburgh, Lloenburgk, 1515 In die Laen, 1542 Inn der Löne, 1554 uff der
Lane, 1564 Löne. 1569 Löhne, 1574 In der Lohn, Auff der Lehn, In der Lehn,
1600 Löhnhof, 1630 Lehngrundt, 1749 Löhn-Hoff, 1789 Loehnhof, Lähnhof, 1805
Lahnhof, 1815 Lohnhoffe, Löhnhof, Laehnhof, 1818 Lahnhof, 1820 Lohnhof, 1866
Lehnhof, heute Lahnhof.
Wenn der Wanderer von Hainchen über den Oberförsterweg die Höhe "erklommen"
hat, kommt er an die Kreuzung des Ochsenborns. Wenn er sich hier rechts
hält, kommt er in den Ort Heiligenborn und weiter in das Ilsetal; hält er
sich links, so erreicht er nach ein paar hundert Metern den Ort Lahnhof.
Gleich am Anfang begrüßt ihn der Gasthof Lahnhof der Familie Heinrich. Das
Haus muß in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erbaut worden sein,
nachdem der 1819/20 erbaute Hof der Heinrichs neben dem Forsthaus in den
Besitz von Ludwig Wagener kam. Wenn ich dort einkehre, bleibt für mich die
Zeit erst einmal stehen. Ich sehe noch in der alten Wirtschaft den Christian
Heinrich sitzen und von Wild und Wald erzählen.
Aber meine Gedanken schweifen auch weit zurück in die Zeit des 19.
Jahrhunderts, als der Förster Hofheinz auf der Försterei seinen Dienst tat
und einen Landwirtschaftsgehilfen namens Henrich Heinrich einstellte, der
später sein Schwiegersohn wurde, indem er des Försters Tochter Wilhelmine am
29.12.1789 in der Kirche von Obernetphen heiratete. (Johann) Henrich
Heinrich war am 16.4.1762 im Welschengeheu bei Feudingen im Wittgensteiner
Land geboren und starb am 29.6.1832 in seinem neuen Hof auf dem Lahnhof.
Seine Frau Wilhelmine starb am 31.1.1831, auch auf dem Lahnhof.
Sie hatten neun Kinder, von denen der älteste Sohn Jost im Jahre 1818 als
Förster in der Försterei Lahnhof genannt wird.
Im Jahr 1882 erhielt die Familie Heinrich auf Grund der vielen Wünsche und
Eingaben der Bevölkerung, von der Königlichen Regierung in Arnsberg die
Konzession für die Führung einer Gaststätte. Nach mehr als hundert Jahren
lädt die Familie Heinrich noch immer den Gast zum Verweilen ein, wie
Generationen vorher. Der erste war Wilhelm Heinrich, geboren 1861 ,
gestorben 1955. Auf ihn folgten Christian Heinrich, geboren am 21.2.1897,
gestorben 14.2.1977, der leider zu früh verstorbene Heinz Heinrich, geboren
am 11.11.1926, gestorben am 30.8.1978, sowie heute sein Sohn Peter und
dessen Mutter Ruth Heinrich. Wenn der Gast die freundliche Wirtsstube
aufsucht, so fällt ihm sofort ein Bild auf: Das Gemälde des alten Hauses
Heinrich. Vergangenheit und Gegenwart reichen sich die Hände. Die älteren
Wanderer erinnern sich bei ihrer Wanderung in Richtung Siegquelle an den ca.
150 m von dem Gasthof Heinrich entfernt an der Eisenstraße gelegenen
ehemaligen Hof Wagener. Das Haus, früher dem Forsthaus gegenüber gelegen,
muß in den Jahren 1819/20 von Henrich Heinrich erbaut worden sein.
Im Herbst 1852 zogen Ludwig Wagener und seine Frau Justine, geborene "Cyölkel,
aus Ludwigseck bei Erndtebrück im Kreis Wittgenstein auf den von ihnen
erworbenen Hof. Die Eintragungen über das Anwesen umfaßten Haus- und
Hofraum, Teich und Hofraum, Scheune und Hofraum, Viehtrift, Hude, 4 Gärten,
17 Äcker, 7 Wiesen, 3 Hauberge und 3 Holzungen.
Ludwig Wagener war bereits 36 Jahre (geboren 2.5.1816) und seine Frau
Justine war 38 Jahre (geboren 10.9.1814) alt, als sie den Hof übernahmen.
Justine Wagener starb am 7.2.1879 und Ludwig Wagener am 15.5.1895. In ihrem
Testament hatten sie den Sohn Ludwig zum Universalerben gemacht. Die 7
Geschwister wurden nicht berücksichtigt. Der Sohn Ludwig heiratete am
27.8.1872 und zog mit seiner Frau Justine geb. Wagener auf den Lahnhof. In
ihrem Testament bestimmten sie, daß nach beider Tod der älteste Sohn
Wilhelm, geb. am 22.11.1878, ihr Haupterbe sein sollte. Die Abfindung der
Geschwister wurde ebenfalls testamentarisch geregelt. Wilhelm Wagener mußte
sehr lange warten, bis er den Hof übernehmen konnte. Sein Vater Ludwig starb
am 10.2.1905 (geb. 1.6.1840), seine Mutter, am 26.5.1848 zu Erndtebrück
geboren, starb am 24.2. 1937 auf dem Lahnhof .
Sie muß eine sehr couragierte Frau gewesen sein, daß sie bis zu ihrem
Lebensende den Hof bewirtschaftete, den Umbau des Viehstalles vornahm und im
Wohnhaus einen sicheren Ziegelschornstein bauen ließ.
Ihrem unverheirateten Sohn Wilhelm hinterließ sie ein ordentliches Anwesen.
Wilhelm Wagener war wie sein Vater Landwirt und Handelsmann, der mit
Großvieh handelte.
Der Erste Weltkrieg brachte ein Todesopfer auf dem Wagnerschen Hof. Ewald
Wagener, ein jüngerer Bruder Wilhelms, starb mit 20 Jahren in einem
Feldlazarett in Annoeullin an einer schweren Verwundung.
Wilhelm Wagener war, wie schon erwähnt, unverheiratet und mußte sich um die
Nachfolge sorgen. Sein Nachfolger war der von ihm adoptierte Enkel seiner
Schwester Luise (geb. 2.10.1884 -gest. 21.11.1968) verheiratete Strohmann.
Der Enkel Dieter Strohmann hieß nach der Adoption Dieter Wagener. Dieser
ließ den alten Hof abreißen und einen neuen Hof erbauen, dessen
Baugenehmigung am 20.01.1966 erteilt wurde. Wilhelm Wagener zog mit Dieter
Wagener und seiner Familie im Februar 1967 in das Wohnhaus auf den neuen
Hof. Er starb nach einem ereignis- und erfolgreichen Leben am 8.3.1972 im
hohen Alter von 93 Jahren.
Das alte Hofhaus wurde durch eine Großübung der Feuerwehren Netphens im
Jahre 1967 abgebrochen.
Wenn der Wanderer den Heinrich'schen Gasthof links liegen läßt und an der
Stelle vorbeigeht, wo der alte Wagnersche Hof stand, lädt ihn auf der
rechten Seite das ehemalige Staatliche Forstdienstgehöft Lahnhof – in einem
neuen Kleid als Restaurant und Terrassencafe zum Verweilen ein.
Das Forsthaus einschließlich des Dienstlandes wurde im Jahre 1965 von Dieter
Wagener gekauft, um seine landwirtschaftlichen Flächen abzurunden. Das Haus
wurde dann von ihm an den Bauunternehmer Franz Klein aus Rudersdorf
weiterverkauft, welcher neben dem Kaufpreis auch den Unterschiedsbetrag
gemäß § 4 des Tauschvertrages vom 19. August 1965 zu bezahlen hatte.
Fünf Jahre nach dem Verkauf des Forsthauses an Dieter Wagener schreibt die
Siegener Zeitung am 10.4.1970.
Mit Hochdruck wird derzeit am Umbau des alten Forsthauses zu einer Pension
mit rund 25 Betten gearbeitet. Prunkstück des neuen Anziehungspunktes für
Ausflügler und Feriengäste dürfte der Gastraum werden, von dem der Gast
einen weiten Panoramablick über die gesamte Höhenlage des Lahnhofes hat. Der
Gasthof wurde zuerst verpachtet. Seit Januar 1991 ist das ehemalige
Forsthaus Eigentum der Familie Sinnig.
Aus dem a1ten Forsthaus, das von 1882 bis 1923 schon einmal eine
Ausschank-Konzession hatte und manchem müden Wanderer "Speis' und Trank"
gab, hat sich seit den 70er Jahren unseres Jahrhunderts ein schöner Gasthof
mit dem traditionsreichen Namen "Forsthaus Lahnquelle" entwickelt.
Unmittelbar an dem 624 m hohen Lahnkopf liegt der neue Wagener'sche Hof. Wer
es nicht weiß, geht auf der Eisenstraße an der Hofeinfahrt vorbei. Dem
Autofahrer fällt es erst recht nicht auf. Er hat mit seinem Auto auch dort
oben nichts zu suchen, denn es ist ja ein privater Weg zu einem Hof.
Allerdings wird es problematisch, wenn ein Besucher den einsamen
Waldfriedhof aufsuchen will. Aber mit dem Hofbesitzer Dieter Wagener kann
man reden. Steht man oben auf dem Anwesen, liegt einem der Ort Lahnhof zu
Füßen, zu jeder Zeit schön anzuschauen.
Die Stallungen nehmen den Hauptteil des Hofes ein. Sie sind die
Existenzgrundlage für die Familien Wagener. Hier stehen 130 Stück Deutsches
Rotvieh. In dem Wohnhaus, unter dem Wind gelegen, mit schützenden Sträuchern
umgeben und mit Blick auf den Ort wohnen drei Generationen. Vater Dieter
Wagener, seine Frau Hannelore, Sohn Dieter mit seiner Frau und den beiden
Kindern, einem Jungen und einem Mädchen.
Der große Hof mit seinem beachtlichen Viehbestand wurde in den Jahren 1966
und 1967 von Dieter Wagener erbaut und hat für Siegerländer Verhältnisse die
stattliche Größe von 28 ha Grünland und 27 ha Wald. Der Senior der Familie,
Wilhelm Wagener, konnte noch bis zu seinem Tode im Jahr 1972 auf dem neuen
Hof leben.
Wer Dieter Wagener kennt, oder kennen lernte, muß ihn als passionierten
Landwirt, Viehzüchter und Forstwirt ansehen, dessen Wort auch im
Landschaftsbeirat, dem er schon lange angehört, anerkannt wird. |