Als das Kraftfahrzeug noch nicht den sonntäglichen Ausflugsverkehr
bestimmte, gehörte der Lahnhof mit dem Ursprung der Lahn im Keller des
dortigen Forsthauses zu den beliebtesten Wanderzielen der Bevölkerung des
oberen Dietzhölztales. Man kann die Lahnquelle aus dem Raum Eibelshausen -
Ewersbach heraus auf zwei Fußwegen erreichen. Der eine führt zwischen
Ewersbach und Mandeln den Storchweg hinauf über den Sattel zwischen dem
Forst und dem Bauerngestell ins Nonnenbachtal und dann über die Lehnschaft
und die Vier Buchen zu der Weilersiedlung Sohl im Wittgensteinischen. Hier
trifft der Waldweg auf die mittelalterliche "Eisenstraße", die in geradem
Zug über den Lahnhof ins Siegerland weiterläuft. Die zweite, etwas längere
Wanderstrecke berührt Rittershausen und folgt dann dem Lauf der Dietzhölze
aufwärts bis zur Revierförsterei am Wilhelmsthaler- oder oberen
Dietzhölz-Weiher. Das Wasser hat sich tief in das Schiefergebirge
eingegraben und fließt in einem schmalen Wiesengrund dem Dorf Rittershausen
entgegen.
Links neben dem Forsthaus Dietzhölze am Saum des Fichtenwaldes strebt ein
steiler Verbindungsweg hinauf auf die Höhe, zur Eisenstraße. An dem 674 m
hohen Jagdberg zur Rechten und der Stiegelburg (637 m) zur Linken vorbei
geht es dann in westlicher Richtung weiter zum Lahnhof. In entgegen-
gesetztem Zug führt die Eisenstraße über Sohl und Fischelbach-Hesselbach ins
Wittgensteinische und ehemals Hessen-Darmstädtische; auf diesem Höhenweg
verfrachteten seit eh und je die Siegerländer Hüttenleute und Hammerschmiede
ihr Eisen in die ostwärts von ihnen gelegenen Absatzgebiete.
Im 18. Jahrhundert haben die Fürsten von Nassau den Oberlauf der Dietzhölze
zum " Wilhelmsthaler Weiher" gestaut und an seinem Ufer das "Jagdhaus
Wilhelmsthal" errichtet, dessen Wohn- und Wirtschaftsgebäude heute als
Forsthaus Dietzhölze" bekannt sind. Vom Dillenburger Schloß aus zogen zur
Jagdzeit die Herren mit ihrem Gefolge herauf in die oberste Dietzhölze um
hier Hoflager zu halten und den Hirsch, das Wildschwein, den Fuchs und das
Reh zu jagen; noch bis tief in das 19. Jahrhundert hinein kamen hier die
drei "Waldhühner" vor, nämlich Auer-, Birk- und Haselwild. und mancher
farbenprächtige Auerbahn wurde im Licht der frühen Morgensonne weidgerecht
angesprungen und erlegt. Nur wenig Freude brachten allerdings die
jagddienstpflichtigen Untertanen des alten Amtes Ebersbach dem Treiben der
hohen Fürstlichkeiten entgegen, denn sie mußten Fleisch und Gemüse zur
Versorgung der Jagdgesellschaft aus der Dillenburger Schloßküche in die
Dietzhölze tragen sowie das erlegte Wildbret auf Ochsenkarren in die
Residenzstadt bringen.
Auch der Wilhelmsthaler Weiher diente zu jener Zeit ausschließlich den
Interessen der Landesherrschaft. Wenn man einmal von der
Glashütte hier in
der oberen Dietzhölze, der Schmelzhütte bei Rittershausen und der Wissenbacher Hütte absiebt, so waren vom Jahr 1416 an seit der Gründung der
Steinbrücker Hütte im Laufe der Zeit im Amt Ebersbach sechs Eisenwerke
entstanden: 1448 die Neuhütte bei Ewersbach, um 1600 der Eisenhammer der
Neuhütte sowie der Steinbrücker Stabhammer an SteIle der Hütte, 1613 die
Eibelshäuser Hütte, 1652 der Teichhammer am Hammerweiher und 1801 der
Zainhammer zu Steinbrücken. Alle dieser Werke, die nach und nach in
herrschaftlichen Besitz gekommen waren. arbeiteten mit dem “Wassergang“ oder
der Wasserkraft als einziger Energiequelle, die vom Wasserrad über eine
Welle die ledernen Blasebälge für die Windzufuhr in die Hochöfen antrieb und
den schweren Hammer am Helm-Balken hob, damit er auf den Amboß niederfallen
konnte. Nun wurde jedoch der "Gang" der Hütten und Hammerwerke empfindlich
vom jeweiligen Wasserstand in der Dietzhölze beeinträchtigt. denn in den
niederschlagsarmen Sommermonaten reichte oft genug dieWassermenge zum
Betrieb der Räder nicht aus, und auch bei der Überfülle der Hochfluten im
Herbst und Frühling sowie bei Eisgang mußten die Maschinen angehalten
werden.
Um diesem Ubelstand entgegenzutreten, ließ die Landesregierung schon damals
echte "Rückhaltebecken" anlegen: den oberen (Wilhehnsthaler) und unteren (Dietzbacher)
Dietzhölze-Weiher. und den Burbacher Weiher bei Ewersbach sowie den
Hammerweiher bei Steinbrücken. Mit den hier gespeicherten Wasser-Reserven
konnte man durch Öffnen oder Schließen der Schützen und Wehre wenigstens
eine gewisse Zeit lang bei außergewöhnlichen Niederschlagsverhältnissen den
Energiezufluß zu den Eisenwerken regulieren und somit den Zeitpunkt einer
drohenden Betriebseinstellung um Wochen verzögern.
Gleichzeitig nutzte die Landesherrschaft alle Weiher zur Fischzucht. Nicht
nur im Dillenburgischen, sondern auch im Siegerland und auf dem Westerwald
gab es Dutzende von Teichen, in denen planmäßig speisefähige .Forellen,
Weißfische, Grundeln, Karpfen oder Hechte herangezogen wurden. In der
Fastenzeit und darüber hinaus an den vielen einzelnen kirchlichen
Fastentagen hat man damals an der fürstlichen Hoftafel des Dillenburger
Schlosses erstaunliche Mengen von Speisefischen verzehrt. Der Wilhelmsthaler
Weiher war ein "Abwachsteich"; Er wurde mit Hunderten junger Forellen und
dazu wenigen Hechten besetzt; regelmäßig vier Jahre später fischte man den
Teich aus und fing dann abgewachsene" oder speisefähige Tiere die in der
Zwischenzeit Gewichte zwischen zwei bis vier Pfund erreicht hatten.
Die herrschaftlichen Waldungen rings um die oberste Dietzhölze gab die
Landesregierung an die "kohlenbrennenden Untertanen", vor allem an die
Mandelner Köhler aus, die für eine gewisse Menge Klafterholz eine bestimmte
Fuderzahl an Holzkohlen gegen ein .festgesetztes Entgelt zu liefern hatten;
die Kohlen wurden dann unter den landesherrlichen Eisenwerken aufgeteilt.
Als letzte Erinnerung an diese frühere Tätigkeit entstand in den Jahren nach
dem zweiten Weltkrieg knapp unterhalb des Forsthauses Dietzhölze an der
linken Talseite im Wald eine moderne Köhlerei mit gemauerten Anlagen, deren
Holzkohlen von chemischen Werken, Apotheken und schließlich immer mehr zum
Grillen verwendet wurden.
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