Vor Ort steht ein Stein, welcher die
Zeit der Bauarbeiten der neuen Straße dokumentiert. Der Stein wurde gefunden
unter einem Geröll- und Reisighaufen von einem aufmerksamen Dietzhölztaler
Bürger. Der Stein erinnert an den Bau der neuen Verbindungsstraße nach
Siegen. Die alte Straße hatte somit als Verbindungsstraße ausgedient, sie
erfüllt heute als Forst- und Wirtschaftsweg als auch als Wanderweg,
bezeichnet als [R2] bzw.
Butterweg, ihren Zweck.
Techniker und Geschichtswissenschaftler waren schon früher über den Begriff
„Straße“ unterschiedlicher Meinung. Während die Techniker unter Straße einen
künstlich angelegten, für den Verkehr mit Fahrzeugen befestigten Weg
verstanden, sahen die Geschichtsforscher jeden Pfad oder Weg auf dem sich
Menschen bewegten, etwa um Handel zu treiben oder in Kriege zu ziehen, als
Straße an.
Durch den nördlichen Dillkreis verlief die Köln-Siegen-Marburger
West-Ost-Straße über Straßebersbach-Oberhörlen-Niedereisenhausen
weiter nach Marburg. Diese Strecke ist in der Hauptsache etwa im 16.
Jahrhundert benutzt worden, danach hat man den geländegünstigeren
Umweg über Dillenburg gewählt.
Die alten „Straßen“ waren nur Erdwege. Kein Staat bemühte sich um ihre
Befestigung oder Unterhaltung. Die Gründe dazu waren nicht nur das Fehlen
des Staatswillens, sondern auch die Einstellung des Volkes zur Technik. So
war sogar der sonst so fortschrittlich gesinnte Preußen König Friedrich der
Große noch der Meinung, je schlechter die Wege wären, desto länger müssten
die Leute im Lande bleiben und ihr Geld ausgeben. Gastwirte, Hufschmiede und
Stellmacher erhofften sich durch schlechte Wege ebenfalls einen guten
Verdienst.
Als erste Staatsstraße wurde im Dillgebiet in den Jahren 1840 bis 1842 die
Straße von Dillenburg durch das Dietzhölztal bis nach Eibelshausen und von
dort in Richtung Simmersbach bis zur damaligen Landesgrenze mit dem
Großherzogtum Hessen neu gebaut. Die Landesregierung entschied über die
Erbauung und die allgemeine Richtung der Verbindungsstraßen und bestritt
die Kosten für die Vorarbeiten. Die Gemeinden, durch deren Gemarkung die
Straßen führen sollten, hatten das erforderliche Grundeigentum unentgeltlich
zur Verfügung zu stellen und das darüber hinaus benötigte Gelände zu
erwerben. Nach Verkündung des Gesetzes vom 2. Oktober 1862 zum Bau
chaussierter Verbindungsstraßen, wurden als Staatsstraßen die Strecken von
Eibelshausen über Steinbrücken und Mandeln in Richtung Laasphe und die von
oberhalb Steinbrücken abzweigende Straße über Straßebersbach und
Rittershausen in Richtung Siegen gebaut.
Als Nassau preußisch wurde
Im September 1866 ging
nach den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Preußen und Österreich
neben anderen deutschen Ländern das Herzogtum Nassau an Preußen über. Aus
dem Bezirk des seitherigen Herzogtums und vorher zum Großherzogtum Hessen
gehörenden Gebieten wurde durch die preußische Verordnung vom 22. Februar
1867 der Regierungsbezirk Wiesbaden gebildet. Gleichzeitig wurde der neue
Regierungsbezirk in zwölf Kreise eingeteilt, wobei aus den Ämtern
Dillenburg und Herborn der Dillkreis entstand. Im Bereich des Dillkreises
waren innerhalb von rund 100 Jahren annähernd 100 Kilometer allein an
Staatsstraßen errichtet worden. Das ist nach heutigen Verhältnissen nicht
viel, so muß man dies für die damalige Zeit jedoch als beachtliche Leistung
bezeichnen. Auch die Tatsache, daß die Straßen zunächst nicht asphaltiert
und bis zur Jahrhundertwende lediglich etwa 3 % der Staatsstraßen
gepflastert waren, kann eine solche Leistung nicht herabmindern.
Verwaltung und Unterhaltung der Straßen
Das Fehlen einer
ordnenden zentralen Staatsgewalt im Mittelalter und auch noch einige Zeit
später war der Hauptgrund für die mangelhaften Straßenverhältnisse. In der
Grafschaft Nassau-Dillenburg war es der wegen seiner ungewöhnlichen
Verwaltungsbefähigung berühmte Graf Johann VI, auch genannt der Ältere, der
sich als erster um einen besseren Zustand der Wege bemühte, indem er durch
die Bau-, Holz- und Waldordnung von 1562 an die Gemeinden die Anweisung
erteilte, alle Jahre die gemeinen Fuhrwege, Straßen, Brücken und Stege
auszubessern. Die notwendigen Arbeiten waren im Frondienst zu leisten, und
wer seinen Verpflichtungen nicht nachkam, der sollte ungestraft nicht
bleiben. Eine grundlegende Verbesserung der Wege dürfte wohl nicht erreicht
worden sein. Weitere Versuche, die Wegverhältnisse zu verbessern, waren die
Catzenelnbogische Polizei-Ordnung von 1711 und die Verordnung zur
Unterhaltung von Landstraßen vom 19. April 1749. Trotz aller Bestimmungen
blieben die Straßen aber in ihrem verwahrlosten Zustand. Das hatte seinen
Grund in Hauptsache wohl darin, dass man die ganze Last der
Straßenunterhaltung auf die Gemeinden und die Untertanen als Frondienst
abwälzte und die Landesherren selbst kaum bereit waren, finanzielle
Zuwendungen für den Straßenbau und die Unterhaltung zu leisten. Die Art der
damals allgemein üblichen Unterhaltungsmaßnahmen ist besonders
bemerkenswert. Wenn die Fahrspuren nach längeren Regenperioden so tief
ausgefahren waren, dass die Fuhrwerke stecken blieben, füllte man die
Vertiefungen einfach mit fest zusammengeschnürten Reisigbündeln, zum Teil
vielleicht auch mit dicken Hölzern, auf, warf einiges Steinmaterial, welches
vielfach auf den angrenzenden Feldern zur Verfügung stand, darüber und
leitete das Wasser in die seitlich angelegten Gräben. Mit solchen
Flickarbeiten konnte man natürlich niemals auf längere Dauer eine Straße
unterhalten. Das änderte sich erst, als in der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts mit dem Bau der Kunststraßen begonnen wurde. Nach dem Bau von
Kunststraßen musste auch eine neue Vorordnung her. Die Nassau-Oranische
Chausseeordnung. Diese Verordnung wurde am 1. März 1783 als Gnädigste
Chaussee-Ordnung von Prinz Wilhelm in Den Haag unterschrieben. Sie enthielt
in sechs Punkten Bestimmungen wie die Straßen zu benutzen waren: es durften
z.B. keine Spuren gefahren werden. In neun Punkten wurde die Erhebung von
Chausseegeld geregelt: z.B. für einen beladenen Frachtkarren je Pferd und
Stunde zwei Kreutzer. In weiteren sieben Punkten waren die Personen und
Fahrzeuge aufgeführt, welche kein Chausseegeld zu bezahlen brauchten: so
z.B. die Kaiserlichen Postwagen und die zum Fürstlichen Hofstaat Gehörigen.
Da in der Chaussee-Ordnung nichts über die Unterhaltung gesagt war, erließ
die Dillenburger Landesregierung hierüber am 12. Juli 1788 noch ein
besonderes Regulativ. In dem Regulativ waren die Arbeiten aufgeführt, die
zur Unterhaltung einer Straße gehörten, so unter anderem das Beifahren der
nötigen Materialien, die Aufhaltung der zur Straße gehörenden Gräben und die
Pflicht der Gemeinden, für Vorräte an Materialien zu sorgen, die in
hinlänglichen Haufen neben der Straße gelagert werden sollten.
Der Anfang des Schilderwaldes
Bei
zunehmendem Durchgangsverkehr auf den Straßen musste man auch bestrebt sein,
den orts- und landfremden Reisenden den richtigen Weg zu zeigen. Eine
Anweisung der Landesregierung in Dillenburg vom Jahre 1744 an sämtliche
Beamten in Nassau-Oranien wonach es als eine höchstnötige und nützliche
Sache angesehen wird, dass hin und wieder an solchen Orten, wo die Reisenden
sich irren könnten, Handweiser gesetzt werden. Die Wegweiser bestanden ganz
aus Holz, welches die Gemeinden zu stellen hatten. Im Heimatmuseum in
Weilburg wird ein Wegweiser aus der Zeit des Herzogtums Nassau aufbewahrt,
den man schon als Kunstwerk bezeichnen kann. Hier an dieser Stelle stand
auch später, nachdem das Herzogtum Nassau an Preußen übergegangen war, ein
preußischer Wegweiser, welcher ebenfalls ganz aus Holz bestand. Dieser
Wegweiser hatte drei Arme wobei einer nach Dillenburg, einer nach Siegen und
einer zum Forsthaus Dietzhölze zeigte. Auch heute noch wird dieser
Gemarkungsbereich als „beim Wäjeweiser“ (Wegweiser) bezeichnet.
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